68
Rußland ist. Die Pelen zeichnen sich durch Vaterlandsliebe, Tapferkeit,
militärisches Talent, Gelehrigkeit und Lebhaftigkeit aus. Während die
niedern Volksklassen als unreinlich, trunken und servil geschildert wer-
den, erscheinen die Vornehmen fein, nüchtern, höflich und sehr stolz. Die
Polen bekennen sich zur römisch-katholischen Kirche. Polnische Ordnung
auf den ehemaligen Reichstagen ist sprichwörtlich geworden.
Warschau, 170,000 E. (10,000 Juden), Univers., Residenz des Statt-
halters. Festung und Vorstadt Praga an der Weichsel. Kalisch, 12,600 E.
und Ljubliu, 19,000 E. Ostrolenka. Wallfahrtsort Czenstochau an der
Warthe.
8 54.
Das Königreich Schweden «nd Norwegen.
(13,830 Q.-M., 5,703,000 Einw.)
Schweden und Norwegen bildeten vom Jahre 1397 bis 1524 mit
Dänemark ein großes Reich, welches die dänisch-norwegische Königin Marga-
retha durch die in der schwedischen Stadt Calmar geschlossene Union vereint
hatte. 1524 riß sich Schweden von der Union wieder los und ward ein
selbständiges Königreich. Als endlich Schweden 1814 sich zu Napoleons
Gegnern schlug, erhielt es als Preis für seinen Beistand das Land Norwegen,
welches den mit Frankreich verbündeten Dänen durch den erwählten Kron-
prinzen von Schweden, den vormaligen französischen Marschall Bernadotte,
entrissen wurde. Seitdem bilden die beiden Königreiche eine gemeinschaftliche
Monarchie, jedes hat aber seine eigene Verfassung und Verwaltung. Die
Finanzen befinden sich in einem günstigen Zustande.
In Schweden ist der König durch einen Reichstag eingeschränkt, welcher
sich in jedem fünften Jahre versammelt. In Norwegen genießt das Volk
größere Vorrechte, als die Schweden haben. Das Volk wählt nämlich eine
Versammlung von 75 bis 100 Mitgliedern, den Storthing, welcher alle
3 Jahre ohne besondere Berufung auf drei Monate in Christiania zusammen-
tritt. Diese Versammlung theilt sich in 2 Kammern; haben diese einen
Gesetzes-Vorschlag berathen und angenommen, so bedarf derselbe noch der
Bestätigung des Königs, welcher ihn jedoch auch verwerfen kann. Wird aber
derselbe Vorschlag von den beiden folgenden Storthings erneuert, so muß er
Gesetzeskraft erhalten. Beide Reichstage haben die Steuern festzusetzen.
Die Schweden und Norweger sind deutschen Stammes, und bilden den
Kern der Landesbevölkerung; im diorden wohnen Finnen und Lappländer.
Die herrschende Religion ist die lutherische; die Lappen sind zum Theil noch
Heiden. Für das Volksschulwesen ist so gut gesorgt, daß man unter den
Schweden und Norwegern wohl selten Jemand findet, der nicht schreiben und
lesen kann. In Norwegen muß Jeder, der confirmirt werden soll, lesen
können, Jeder, der heirathen will, confirmirt sein, und wer im 20. Jahre
nicht confirmirt ist, kann gewaltsam im Zuchthause angehalten^werden, das
zur Confirmation Erforderliche zu leruen. Während aber die Schweden und
Norweger durch ihre Bildung und geistige Kraft eine hervorragende Stellung
Kitter den Earopäern einnehmen, stehen die Lappen und Finnen noch auf einer
niedern Culturstufe. Die Lappen sind insbesondere Nomaden, welche mit
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78
S 58.
Der norddeutsche Bund von 1866.
Zwischen den beiden Großstaaten des deutschen Bundes, zwischen Oester-
reich und Preußen, bestanden von Ansang an ziemlich ungünstige Verhält-
nisse, da jeder derselben nach der Herrschaft in Deutschland strebte. Preußen,
als echt deutscher Staat, hielt sich dazu vorzugsweise berufen; Oesterreich
dagegen glaubte seine ganze staatliche Existenz bedroht, wenn es die Ober-
herrschaft in Deutschland einbüßte. In dem Kriege um Schleswig-Holstein
gegen Dänemark (1863 und 1864) gingen beide Staaten zwar nochmals
Hand in Hand mit einander; die gemeinsame Verwaltung der glücklich er-
oberten Herzogthümer entzweite sie jedoch und ließ die alte gegenseitige Ab-
neigung deutlich wieder zu Tage treten und endlich zum Ausbruch kommen.
Beschlüsse, welche der Bundestag auf Veranlassung Oesterreichs am 15. Juni
1866 gegen Preußen faßte, nöthigten letzteren Staat, aus dem Bunde zu
treten und diesen selbst für erloschen zu erklären.
Preußen drang nun aus Berufung eines deutschen Parlaments, und
kam damit lange gehegten Wünschen des deutschen Volkes entgegen. In
seinen: Statut-Entwurse für dasselbe forderte es Ausschluß Oesterreichs aus
Deutschland. Die Folge hiervon war der Ausbruch eines Krieges zwischen
Preußen und Oesterreich, in welchem Letzteres in wenig Wochen im eigenen
Lande so total geschlagen wurde, daß es Frieden schließen (23. Aug. 1866
zu Prag) und in Folge dessen zugleich Venetien an das mit Preußen ver-
bündete Italien abtreten mußte.
Preußen ist durch diesen Sieg nicht nur in den vollen Besitz von
Schleswig-Holstein gekommen, sondern hat auch das Königreich Hannover,
das Kurfürstentb um Hessen, das Herzogthum Nassau, einen Theil des Groß-
herzogthums Hessen und die Stadt Frankfurt a. M., deren Regierungen ihm
in dem Kriege mit Oesterreich feindlich entgegentraten, erworben.
Die norddeutschen Fürsten sind der Aufforderung Preußens, mit ihm
einen norddeutschen Bund zu bilden, nachgekommen, während die süd-
deutschen, nämlich Baiern, Württemberg und Baden, noch für sich dastehen.
Das Verlangen der Völker ist jedoch auf die Vereinigung Süddeutschlands
mit Norddeutschland zu einem einzigen deutschen Bunde gerichtet, da sie die
Ueberzeugung haben, daß nur aus der Vereinigung Heil für Alle erwächst.
Die Zeit, wo ein deutscher Bund, in dem Preußen die militärische und
diplomatische Führung hat, sich bilden wird, ist gewiß nicht mehr fern, und
ist er gestiftet, dann werden auch die deutschen Länder Oesterreichs wieder
in ein freundliches Verhältniß zu demselben treten können.
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Extrahierte Ortsnamen: Oester- Deutschland Oesterreich Deutschland Schleswig-Holstein Oesterreichs Oesterreichs Deutschland Oesterreich Italien Schleswig-Holstein Hannover Hessen Hessen Frankfurt_a._M. Oesterreich Baiern Württemberg Baden Norddeutschland Oesterreichs
134
tionen gemacht, als die Franzosen. Frankreich war schon zweimal eine
Republik, und schon zwei Mal ist die Republik in ein Rapoleonisches Kaiser-
thum umgeschlagen. Gegenwärtig ist Louis Napoleon Bonaparte Iii. Kaiser
von Frankreich. Er hat die französische Kriegsmacht, mit deren Hülfe er
sich den Besitz der Kaiserwürde verschaffte, auf einen Achtung gebietenden
Stand gebracht. Die französische Flotte steht vielleicht nur noch in der Be-
dienung der englischen nach, und das französische Landheer übersteigt an Zahl
und Kriegstüchtigkeit das englische. Die Stärke des französischen Heeres
beträgt im Frieden 380,000 Mann, die Stärke der Flotte wird auf 480
Kriegsfahrzeuge mit 9,700 Kanonen angegeben. Die Handelsflotte bestand
zu Anfang 1863 aus 15,132 Schiffen mit 982,571 Tonnen.
Frankreich zerfällt in 89 Departements; wir wollen jedoch die alte
Provinzial-Eintheilung hier zu Grrmde legen.
1. Jsle de France.
Haupt- und Residenzstadt Frankreichs ist Paris an der Seine, 1,700,000
Einw. Festung und Universität. Sie zerfällt in 3 Stadttheile: la ville
nördlich der Seine, In eite oder die Altstadt auf einer Seine-Insel, und der
Stadttheil südlich der Seine mit dem Markier latin. Paris hat 34 Vor-
städte, 56 Thore oder Barrieren, 76 freie Plätze, 25 Theater, 22 Brücken.
Unter den Vorstädten sind St. Antoine, St. Martin und Montmartre, unter
den Plätzen der Bastille- und der Vendüme-Platz bekannt. Die Kirche Mirs
clame, das Invalidenhotel, das Stadthaus, die Tuilerien, das Louvre, das
Palais Luxemburg, das Palais royal, la Morgue sind bemerkenswerthe Ge-
bäude. Erwähnung verdienen noch der an Monumenten überaus reiche
Kirchhof Père la Chaise, die elysäischen Felder, ein von einer Allee durch-
schnittener Lustwald, die 22 Boulevards, breite mit Bäumen besetzte Straßen
zwischen der Stadt und den Vorstädten. Kaiser Napoleon I. ruht seit 1840
im Dome der Invaliden.
Ganz in der Nähe von Paris liegen von 30 Städten noch folgende
bemerkenswerthe: St. Denis, Begräbnißort der französischen Könige, Versailles
mit einem berühmten Schlosse, im schönsten Style, St. Cyr mit einer Mili-
tärschule. St. Cloud und Fontainebleau mit herrlichen Schlössern und
Parkanlagen. In Fontainebleau unterzeichnete am 11. April 1814 Na-
poleon I. seine Abdankung. Südöstlich von Paris liegt das durch seine
Käse berühmte Dorf Brie in der gleichnamigen Landschaft (krommafs äs 6ris.)
2. Die Picardie,
zu beiden Seiten der Somme, ist eine fruchtbare, gut angebaute Provinz.
Hauptstadt ist Amiens an der Somme, 60,000 E., geschichtlich wichtig durch
Peter von Amiens, den Kreuzzugs-Prediger, 1091, und durch den Friedens-
schluß von 1802 zwischen England und Frankreich.
3. Die französischen Niederlande.
Artois, Hennegau und Flandern sind gewerbreiche Provinzen und haben
viele Festungen und vorzügliche Fabriken in Spitzen, Leinwand, Battist rc.
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Extrahierte Personennamen: Louis_Napoleon_Bonaparte_Iii Napoleon Jsle_de_France Antoine Martin Kirchhof_Père Napoleon_I. Denis Peter_von_Amiens
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Frankreich Frankreichs Paris Paris Bastille- Palais_Luxemburg Paris Versailles Fontainebleau Fontainebleau Paris Amiens England Frankreich Hennegau
- 20 —
Das Nationaldenkmal auf dem Niederwald
„Zum Andenken an die einmütige, siegreiche Erhebung des deutschen Volkes und
die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches 1870 — 1871" ist 38 m hoch. Die riesige
Germania, eine edle Frauengestalt, welche Deutschland darstellt, hält in der linken
Hand das gesenkte Schwert und in der hocherhobenen rechten die Kaiserkrone. Auf
der Vorderseite des Denkmals befindet sich die größte der übrigen bildlichen Dar-
stellungen. Sie versinnbildlicht die „Wacht am Rhein": „Kaiser Wilhelm I., umgeben
von den deutschen Fürsten und den Generälen des Heeres. Rechts und links sind
die Statuen des Krieges und des Friedens. Der Engel des Krieges stößt in die
Kriegstrompete und erfaßt das Schwert; der Engel des Friedens hat in der Hand
die Fried-mspalme. Weiter unten sitzen die Gestalten des „Vater Rhein" und der
„Jungfrau Mosel". Elfterer übergibt der jugendlichen Mosel das Wachthorn; es
Lmnsrück Mäuseturm Ruine Ehrenfels Nationaldenkmal
Nahefluß Bingen Burg Klopp auf dem Niederwald
Ter Rhein bei Bingens.
deutet an, daß die Grenze des Deutschen Reiches vom Rhein an die Mosel gerückt
ist. An den beiden Seiten des Denkmals befinden sich der „Abschied" und die
„Heimkehr" der Krieger. Zur Errichtung dieses großartigen Denkmals hat die ganze
deutsche Nation beigetragen, Nachdem Deutschland im Jahre 1871 den Krieg gegen
Frankreich siegreich beendet hatte, sammelte man in allen deutschen Ländern große
Geldsummen. Die Kosten des Denkmals beliefen sich auf l1/io Millionen Mark. —
Der herrlich bewaldete Niederwald wird von vielen Fremden besucht.
Den Rhein hinauf reihen sich schöne Städtchen, Flecken und Dörfer
nahe aneinander. Geisenheim (Stadt) ist wegen seiner Anstalt für Obst-
und Weinbau bekannt. Etwas abseits vom Rheine liegt Johannisberg,
Dorf und Schloß. Hier gedeiht der edelste Rheinwein, der „Johannis-
i) Nach einem Holzschnitt a. d. Verlage von F. Hirt u. Sohn, Leipzig.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Niederwald Deutschland Rhein" Rhein" Niederwald
Ter_Rhein Rhein Deutschland Frankreich Niederwald Rhein Geisenheim Rheine Johannisberg Leipzig
— 25 —
finden wir das ehemalige Kloster Arnstein mit hübscher Kirche. Weiter
abwärts der Lahn ist das schöne Städtchen und Bad Nassau gelegen.
Eine Kettenbrücke verbindet dieses mit dem linken Flußufer. Hier erhebt
sich ein bewaldeter Bergkegel, welcher die Burgruinen Nassau und Stein
und das Steiudenkmal trägt. Die Burg Nassau, die Stammburg der
nassauischen und oranischen Fürsten, wurde im 12. Jahrhundert vou den
Herren von Laurenburg erbaut. Das Städtcheu verlieh ihr und dem
ganzen Lande ihre Namen. Das nassauische Fürstenhaus gab dem
deutschen Reiche einen Kaiser, Holland Helden und Könige, den nassani-
Links der Malberg. Die Lahn. Rechts am Flusse dc>s Kurhaus und die Stadt
Bad Lins.
schen Landen selbst viele tüchtige Regenten. Es hat fast 1000 Jahre
über die Nassauer Lande geherrscht. In dem Schlosse im Städtchen selbst
wurde im Jahre 1757 der berühmte Preußische Minister Freiherr von
Stein geboren.
Freiherr Uuit Stein.
Im Anfang des vorigen Jahrhunderts, als Preußen von dem französischen
Kaiser Napoleon I. besiegt wurde und die Hälfte seines Landes verlor, da wußte
Stein mit seinem klaren Geiste Rat und Hilfe zu schaffen. Er begann in Preußen
heimlich für die Befreiung Deutschlands zu wirken. Im Verein mit Scharnhorst,
Gneifenau und anderen verdienten Männern bewirkte er die Wehrbarmachung des
ganzen Volkes. Napoleon vernahm dies und nötigte den preußischen König, Stein
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Extrahierte Personennamen: Napoleon_I. Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Arnstein Laurenburg Holland Malberg Deutschlands Gneifenau
140 Europa.
Die Gesamtbevölkerung von Europa wird auf über 312 Million ange-
schlagen; von diesen sind
Christen . . . e. 300 Million,
Juden .... e. 5 „
Muhamedaner . c. 7 „
Von den Christen bekennen sich
zur römisch-katholischen Kirche etwa 150 Million,
zur griechisch-katholischen Kirche „ 75 „
zur protestantischen Kirche „ 75 „
Die römisch-katholische Kirche, deren Oberhaupt der Papst ist und
deren Kultus besonders formenreich ist, herrscht bei den romanischen und
Westslavischen Völkern; die griechisch-katholische Kirche, welche gleichfalls
mit einem fehr glanzvollen Kultus ausgestattet ist, verehrt größerenteils
den Kaiser von Rußland als ihr Oberhaupt und zählt hauptsächlich die
ostslavischen Völker zu ihren Bekennern; die protestantische Evangelische)
Kirche ist namentlich unter den Germanen verbreitet, ihr Kultus weit
weniger formenreich.
Die in Europa vorherrschende Regierungsform ist die monarchische, welche
teils als absolute Monarchie (Rußfand, Türkei), teils als konstitutionelle
(England, Belgien, Holland, die deutschen Staaten, Oesterreich-Ungarn, Por-
tngal, Spanien, Italien, Dänemark, Norwegen-Schweden), auftritt. Die
einzigen Republiken Europas sind: (außer San Marino in Italien und
Andorra in Spanien) Frankreich und die Schweiz.
Es bleibt endlich noch eine Unterscheidung der europäischen Staaten zu
erwähnen, welche lediglich von der Macht, dem Ansehen nach Außen hin und
der Größe der einzelnen Länder hergeleitet werden muß. Den sechs mächtig-
sten Staaten Europas wird die Bezeichnung „Großmacht" beigelegt. Zu
diesen Staaten gehören England, Rußland, Frankreich, Oesterreich,
Deutschland und Italien. Sie äußern entscheidenden Einstnß auf die
gesamten europäischen Verhältnisse.
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Europa Europa Türkei England Belgien Holland Oesterreich-Ungarn Spanien Italien Dänemark Norwegen-Schweden Europas San_Marino Italien Andorra Spanien Frankreich Europas England Frankreich Oesterreich Deutschland Italien
Europa. 147
Gebiete hinzu. Unter Nikolaus I. und dem jetzigen Kaiser Alexander Ii.
hat sich Rußland hauptsächlich in Asien ausgedehnt und sich besonders den
Grenzen Chinas und des britisch-indischen Reiches immer mehr ge-
nähert. Die letzten Kriege mit der Türkei haben zwar keine Erwerbungen auf
der Balkauhalbiusel, jedoch eine erhebliche Schwächung der Türkei und eine
Befreiung mehrerer dem russischen Einflüsse zugänglichen Balkanvölker her-
beigeführt Montenegriner, Serben, Rnmänier und Bulgaren).
Die einzelnen Landschaften.
1) Die Ostseeprovinzen:
a. Jngernmnland: St. Petersburg, Hauptstadt, von mehreren Armen
der Newa durchflössen, von Peter d. Gr. gegründet (1703), eine der schönsten
Städte Europas, mit breiten, regelmäßigen Straßen, deren großartigste der Newsky-
Prospekt ist. Den Mittelpunkt der Stadt bildet das Admiralitätsgebäude.
Viele prächtige Kirchen und glänzende Paläste (der gewaltige „Winterpalast");
das Denkmal Peters d. Gr. und die Alexandersäule. Universität. (670 000 Ein-
10*
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Extrahierte Personennamen: Nikolaus_I. Nikolaus_I. Alexander_Ii Alexander Peter_d Peters
Extrahierte Ortsnamen: Europa Asien Petersburg Europas
166 Europa.
Jahre 843 in Folge des Teilungsvertrages von Verdnn gegründet, indem
sich Ost franken von Westfranken lostrennte. Die Kaiserwürde wurde mit
diesem (erst später sogenannten) deutschen Reiche durch Otto I. (962) ver-
buudeu. Später wurde das Reich durch die Kämpfe mit dem Papsttum und
den Reichsfürsten mehr und mehr geschwächt; die Kaiser behielten nur noch
den Schein der Herrschaft, während die meisten Rechte an die Reichsfürsten
übergingen. Die Regierung der Habsburger (seit 1438) brachte Deutschland
keinen Segen, und einige Versuche, das zerrissene Reich fester zu einigen
(unter Maximilian I. die Einrichtung des Reichskammergerichtes und die Kreis
eiuteilung), fruchteten wenig. Die Reformation brachte einen neuen Riß in
die Nation. Der 30 jährige Krieg machte Deutschland zum Tummelplätze aller
europäischen Völker und gab den Reichsstäudeu mit der vollen Landeshoheit
auch das Recht, mit auswärtigen Mächten Verträge und Bündnisse zu schließen.
Dem Namen nach bestand das Reich fort und endete erst bei der Stiftung
des Rheinbundes (1806), doch inzwischen entstanden im Norden die Keime
eines gesunden, kräftigen Staatswesens, das die Erneuerung des Vaterlandes
demnächst herbeiführen sollte. Das von der schwäbischen Burg Hohenzollern
(bei Hechingen) entsprossene Herrschergeschlecht gelangte 1415 in den Besitz
des durch den Askauier Albrecht den Bär (seit 1134) gegründeten bran-
denbnrgischen Staates. Nachdem derselbe sich allmählich unter den
umsichtigen und haushälterischen Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern
vergrößert hatte, erhielt er durch Friedrich Wilhelm, den großen Kurfürsten,
(1640 — 88), eine europäische Bedeutung, während er durch Friedrich
den Großen (1740 — 86) in Folge des siebenjährigen Krieges zum Range
einer europäischen Großmacht emporstieg. Der Zeit der schmachvollen
Fremdherrschaft unter Napoleon I. folgte das Erwachen des preußischen und
deutschen Volkes und der glorreiche Freiheitskrieg. Aber die Nation hatte
vergeblich gehofft, mit ihrem Blute die Wiederherstellung eines starken deutschen
Reiches zu erkaufen; statt dessen folgte der deutsche Bund (1815), welcher
die noch übrigen 39 Staaten ganz lofe mit einander verknüpfte und zugleich
den Keim fortlaufender Konflikte zwischen den bedeutendsten derselben, Oester-
reich und Preußen, in sich trug. Die Sehnsucht der deutschen Patrioten
wurde endlich durch König Wilhelm verwirklicht, der durch den siegreichen
Krieg mit Oesterreich (1866) die nord- und mitteldeutschen Staaten ohne
Oesterreich mit dem bedeutend vergrößerten Preußen zudem norddeutschen
Bunde einigte und hierauf in Folge des Krieges mit Frankreich (1870/71)
das deutsche Reich ruhmreich erneute. — In diesem neuen Reiche sind
folgende konstitutionelle Staaten vertreten: 1) die vier Königreiche: Preußen,
Bayern, Württemberg und Sachsen; 2) die sechs Großherzogtümer:
Baden, Mecklenbnrg-Schwerin, Hessen, Oldenburg, Sachsen-
Weimar-Eisenach und Mecklenburg-Strelitz; 3) die fünf Herzog-
tümer: Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Anhalt, Sachsen-
Coburg-Gotha und Sachsen-Altenburg; 4) die sieben Fürstentümer:
Waldeck, Lippe-Detmold, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarz-
burg-Soudershausen, Renß jüngere Linie, Schaumburg-Lippe
und Reuß ältere Linie; 5) die drei freien Städte: Hamburg, Bremen
und Lübeck. — Der Kaiser ernennt die Beamten des Reiches, deren erster
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Otto_I. Maximilian_I. Maximilian_I. Albrecht Albrecht Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Friedrich Napoleon_I. Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Europa Deutschland Deutschland Hechingen Oester- Oesterreich Oesterreich Frankreich Bayern Württemberg Sachsen Baden Hessen Oldenburg Sachsen-
Weimar-Eisenach Mecklenburg-Strelitz Sachsen-Meiningen Sachsen-
Coburg-Gotha Sachsen-Altenburg Lippe-Detmold Schwarzburg-Rudolstadt Hamburg Bremen
Europa. 301
völkerung kommt auf die Bezirke von Genua, Neapel, Castellamare, Messina,
Palermo und Livorno. Das stehende Heer beträgt 204 000 Mann, aus
Kriegsfuß 868 000 Mann; die Kriegsflotte betrug (1876) 73 Schiffe, wo-
runter 21 Panzerschiffe.
Geschichtliches. Als die Herrschaft der dentfchen Kaifer über Italien
erloschen war, wurde das Land, mit Ausnahme des Kirchenstaates und des
sieilianischen Reiches, in eine große Anzahl kleiner Herrschaften und Republiken
zerfplittert, die sich fortwährend befeindeten, bis das Eindringen neuer Fremd-
Herrschaft dem Lande vorläufig Ruhe brachte. Die französische Revolution
und die derselben folgenden Kriege beseitigten die kleinen Herrschaften, und
es folgte das Regiment Napoleons. Nach dem Sturze desselben wurde auf
dem Wiener Kongreß Italien in folgender Weise reorganisiert: 1) Das
lombardisch-venetianische Königreich im Besitze Oesterreichs um-
faßte Mailand, Mantna und Venedig. 2) Das Königreich Sardinien
wurde vergrößert durch Genua. 3) Parma, Piacenza und Gnastalla
erhielt Mark Louise, die Wittwe Napoleons. 4) Das Herzogtum Modena
wurde eine österreichische; 5) das Herzogtum Lucea eine spanisch-bourboni-
sche; 6) das Großherzogtum Toskana eine österreichische Secundogenitur.
7) Der Kirchenstaat mit den Fürstentümern Benevent und Pontecorvo
(letztere enclaviert von Neapel). 8) Der Freistaat San Marino. 9) Das
Königreich beidersuilien wurde wieder bonrbonisch. 10) C o r s i c a blieb
französisch. 11) Malta war britisches Besitztum. Gegen diese Zerstücke-
lnng erhob sich das Volk. Geheime Gesellschaften, die sich über das ganze
Land verbreiteten, wirkten dafür, und ausbrechende Revolutionen konnten
nur mit Hilfe des Auslandes (Oesterreich, Frankreich) niedergeschlagen werden.
Seit 1848 stellte sich das sardinische Königshaus an die Spitze dieser Be-
wegnng. Aber im Kampfe mit Oesterreich wurden die Italiener bei Cu-
stozza (1848) und Novara (1849) geschlagen, und den aus Rom gestüch-
teten Papst Pius Ix. führte ein französisches Heer dorthin zurück. Zehn
Jahre später (1859) unternahm Sardinien aufs neue im Bunde mit Frank-
reich den Krieg gegen Oesterreich, welches nach der Niederlage bei Magenta
und Solserino die Lombardei an Sardinien abtrat. Nun betrat die Be-
völkerung Italiens, unterstützt von Sardinien, den Weg der Revolution.
Sardinien annektierte (1860) Toskana, Modena, Parma, den größten Teil
des Kirchenstaats und das Königreich beider Sicilien, trat aber gleichzeitig
Savoyen, das Stammland der Herrscherfamilie, und die Grafschaft Nizza an
Frankreich ab, welches Sardinien Hilfe geleistet hat. Im folgenden Jahre
(1861) wurde das erste italienifche Parlament in Turin zufammenbernfen
und später Florenz zur Hauptstadt des Königreichs Italien erklärt. 1866
mußte Oesterreich, von Preußen in Deutschland hart bedrängt, auch Venedig
an Italien, den Bundesgenossen Preußens, abtreten. Als 1867 revolutionäre
Banden unter Garibaldis Anführung den letzten Rest des Kirchenstaats er-
obern wollten, trat Frankreich zum Schutz der weltlichen Macht des Papstes
ein und hielt Rom militärisch besetzt. In Folge des deutsch-französischen
Krieges zog Frankreich feine Truppen zurück, und im September 1870 wurde
das Land von italienischen Truppen occnpiert und nach erfolgter Volksab-
stimmuug am 9. Oktober mit Italien vereinigt.
l
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Die Landschaften am Unterlauf der Seine und Somme und an
der Küste sind reich an feuchten Wiesen, fruchtbaren Feldern und ertrag-
reichen Obsthainen. Die Landbewohner beschäftigen sich deshalb mit
Ackerbau und Viehzucht. In den größeren Städten hat sich dagegen
eine blühende Industrie entwickelt. Spinnerei und Weberei sind be-
deutend in Ronen (ruan?)( Amiens (amiäil9) und Lille (Iii). Von
den Küstenstädten haben Calais (falä) und Boulogne (bnlonj) einen
bedeutenden Verkehr nach England. Le Havre slö kwr) ist der Haupt-
Hafen für die Einfuhr von Baumwolle, Cherburg (fchärbür) ein stark
befestigter Kriegshafen.
d) Klima ttitb Erzeugnisse. Die klimatischen Verhältnisse sind nach der geo-
graphischen Lage und der Bodengestalt der einzelnen Landschaften sehr verschieden.
Die Ties- und Hügelländer haben ein angenehmes, mildes Klima, in den Gebirgs-
gegenden dagegen ist es rauh, an der Südküste oft heiß und trocken. — Der A ck e r-
han steht in hoher Blüte. Im Norden baut man besonders Getreide- und Ge-
spinstvflanzen sowie Zuckerrüben, in Mittelsrankreich außerdem noch Wein, Obst
und Gemüse, im Süden Wein, Mais und Südfrüchte. Zur Ausfuhr gelangen
besonders feine Obstsorten, Olivenöl und vorzügliche Weine. Der jährliche Durch-
schnittsertrag des Weinbaus beträgt ca. 1000 Mill. Mark. Doch hat die Reblaus
in den Weinbergen große Verheerungen angerichtet. — Da die Waldbestände in
früheren Zeiten stark gelichtet worden sind, so ist das Land arm an Wald; doch ge-
schieht jetzt viel für die Aufforstung der öden Flächen. Die Viehzucht blüht in
der wiesenreichen Normandie, die Schafzucht auf den trockenen Hügeln Mittelfrank-
reichs. An Pferden hat Frankreich Mangel. Im Südeu treten btc Maultiere an
ihre Stelle. — An Mineralien hat Frankreich besonders Kohle und Eisen, aber
nicht soviel wie England und Deutschland. Seine Industrie ist bedeutend. Welt-
berühmt sind die geschmackvollen Luxus- und Modewaren aus Paris, die Seiden-
stosse aus Lyon, die Gewebe und Spitzen aus Lille und Rouen, die Porzellanfabrikate
von Sevres lßäwr).
e) Die Bewohner. Aus der Vermischung der Gallier, Römer und Franken,
die nacheinander das Land eroberten, bildete sich das Volk der Franzosen. Es
zeigt zwar nach den einzelnen Landschaften czroße Verschiedenheiten, bat aber eine
gemeinsame Sprache und ist durchweg römisch-katholisch. Nur die Bretonen im
Nordwesten Frankreichs, die Basken im Südwesten und die Italiener an der
Riviera haben ihre angestammte Sprache bew^rt. Für die Ehre und den Ruhm
ihres Volkes, das sie geru „die große Nation" n^ inen, sind die Franzosen begeistert.
Mit Stolz erinnern sie sich der Zeiten, als sich vor Napoleon I. die Völker und Fürsten
Europas beugen mußten. Die staatlichen Umwälzungen des letzten Jahrhunderts
und der Krieg von 1870/71 haben jedoch das Ansehen Frankreichs und seinen
Wohlstand schwer geschädigt. Seit dem Sturze Napoleons Iii. ist Frankreich eine
Republik, deren Präsident auf 7 Jahre gewählt wird. — Das Land ist in De-
parteinents ldöpart'ma»„s) eingeteilt.
f) Zu Frankreich gehört noch die Insel Korsika mit der Hauptstadt Ajaccio
(Ai-itscho). Außerdem besitzt Frankreich noch Kolonien in Afrika, Asien, Amerika
und der australischen Inselwelt.
§ 101. Das Königreich Belgien.
(Doppelt so groß als das Königreich Sachsen. 6 V2 Miu. meist katholische Eiuw.).
Belgien liegt auf der Abdachung des französischen Grenzgebirges
nach dem Niederrhein hin und hat eine sehr günstige Lage zwischen
Deutschland, Frankreich, Holland und dem Meere. Es gliedert sich
landschaftlich in Hoch- und Niederbelgien.
a) Hochbelgien nimmt den südöstlichen Teil des Landes ein, wo
Ausläufer der Ardennen und der Eifel in einer Höhe von 400 in das
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Extrahierte Personennamen: Napoleon_I. Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Amiens Lille Boulogne England Cherburg Frankreich Südeu Frankreich England Deutschland Paris Lyon Lille Rouen Frankreichs Europas Frankreichs Napoleons Frankreich Frankreich Korsika Ajaccio Frankreich Afrika Asien Amerika Belgien Sachsen Deutschland Frankreich Holland Niederbelgien